Mittwoch, 19. September 2012

Macht braucht Kontrolle

Dieser lapidare Satz, der, so glaube ich mich erinnern zu können, auch schon einmal als Wahlkampfslogan herhalten musste, ist bei genauer Betrachtung nur eine Worthülse und in unserer Demokratie nicht mit Leben erfüllt. Die jüngsten Ereignisse, die Korruptionsvorwürfe gegen Politiker und Parteien dieses Landes betreffend, zeigen, wie zahnlos die Kontrolle der Machthaber eigentlich ist. Es zeigt sich, dass es in der Geschichte der 2. Republik, die immerhin 67 Jahre alt wird, eine wirksame Kontrolle der “Repräsentanten” unserer Repräsentativen Demokratie nicht einmal auf dem Papier gibt.

Um zu diesem komplexen Thema klare Antworten zu finden sollte man sich das Prinzip der “Juristischen Rechtspersönlichkeit” näher ansehen:
Ein Rechtskonstrukt, dem eine Körperschaft inne wohnt - das ist der Zusammenschluss von mindestens 2 physischen Personen zu einer gemeinsamen juristischen Rechtspersönlichkeit - erhält durch diesen Zusammenschluß eigenständige Handlungsmacht und ist nahezu mit gleichen Rechten und Pflichten ausgestattet, wie eine physische Person. Die so gebildete Rechtsperson kann auf diese Weise ganz bestimmte Ziele, geistiger, sozialer oder materieller Art, eigenständig verfolgen.

Je nach Zielsetzung gibt es die unterschiedlichsten Rechtskonstrukte. Für gemeinsame Erwerbsabsichten gibt es beispielsweise die Kapital-oder Personengesellschaften, wie die AG, GmbH, oder Kommanditgesellschaften, für die Erreichung bestimmter gemeinsamer ideeler und/oder wirtschaftlicher Interessen gibt es Vereine, Genossenschaften, Stiftungen etc. Allen diesen „juristischen Rechtspersönlichkeiten“ ist eines gemeinsam: Sie brauchen um ihr Handlungsrecht ausüben zu können sogenannte „Vertretungsorgane“, die aus physischen Personen bestehen. Diese Organe sind in ihrem Handeln im Außenverhältnis dem Staat, bzw. seinen untergeordneten Organen, wie Behörden und Institutionen gegenüber, als im Innenverhältnis, z.B. bei Kapitalgesellschaften gegenüber den Anteilsinhabern am Firmenkapital (Aktionäre) oder Gesellschaftern oder bei Vereinen seinen Mitgliedern gegenüber, rechenschaftspflichtig. Diese Rechenschaftspflicht unterliegt ganz genau geregelten Normen. Jede physische Person, die Verantwortung für ein solches Rechtkonstrukt übernimmt hat sich diesen Normen zu unterwerfen, nämlich sich einer genau definierten Aussen-und Innenkontrolle zu unterziehen. Meistens werden diese Vertretungsorgane auf eine bestimmte Zeit bestellt und haben während und nach Ablauf der Funktionsperiode über ihre Tätigkeit exakt Rechenschaft abzulegen. Ein übergeordnetes Gremium der betreffenden Rechtspersönlichkeit, meist wieder die qualifizierte Mehrheit der am Rechtskunstrukt beteiligten physischen Personen, entscheidet, ob diesen Funktionären die Entlastung zuerkannt wird oder ob Verstöße vorliegen und wenn das zutrifft, welche Sanktionen, wie Haftungen, Schadenersatzansprüche oder sogar das Strafrecht, schlagend werden.

Auch ein Staat ist eine solche Rechtspersönlichkeit und wird von Vertretungsorganen geführt, die wiederum von physischen Personen beschickt werden. Da diese Organe wesentlich weit reichendere Befugnisse besitzen (im Extremfall können sie sogar Kriege ausrufen) müsste die Kontrolle dementsprechend gründlicher und tiefgreifender sein. Sie ist es jedoch nicht, genau das Gegenteil ist der Fall ! Gerade die jüngsten Ereignisse rund um zahlreiche Korruptionsvorwürfe zeigen, dass es keine funktionierende Kontrolle für jene Organe gibt, die unseren Staat lenken. Das Instrument des “Parlamentarischen Untersuchungsausschusses”, mit dem sich unsere Abgeordneten gegenseitig kontrollieren sollten, was ja in sich schon ein Widerspruch ist, funktioniert nur auf Goodwill und kann, wie wir in jüngster Zeit erlebt haben, jederzeit mit einer qualifizierten Mehrheit wieder außer Kraft gesetzt werden. Das bedeutet, dass jene Verantwortungsträger, die eigentlich Rechenschaft gegenüber dem Staatsvolk abzulegen hätten, können selbst darüber bestimmen, wie diese Kontrolle erfolgen soll, was kontrolliert werden darf und ob überhaupt kontrolliert wird.

Dass auf so einem Boden Unrecht, wie, Illegale Parteienfinanzierung, Bestechung, Korruption, persönliche Bereicherung entwickelt und üppig gedeihen kann, ist vollkommen klar. Daran ändert auch das jüngste “Anti-Korruptionsgesetz” nichts, denn auch in diesem Gesetz wurden die Kontrollmöglichkeiten wohlweislich nicht verwirklicht. Eine Änderung dieses Zustandes ist aus heutiger Sicht nicht möglich, da diese Änderung ein Verfassungsgesetz mit einer 2/3-Mehrheit bedürfte und daher mit jenen Parteien, die heute im Parlament sitzen, nicht zu verwirklichen ist. Es sei denn, der Souverän, also das Wahlvolk setzt eine Volksabstimmung durch, um diesen Zustand zu beenden. Daher brauchen wir dringender eine Volksabstimmung zu diesem Thema als zur Wehrpflicht.

Das sich die Vertreter dieser Republik, seien es die Parteien oder einzelne ihrer Funktionäre keiner wirksamen Kontrolle unterziehen müssen und wollen, ist einzigartig unbefriedigend und mit Sicherheit noch ein Relikt aus einer Zeit, wo die Machtausübung in der Hand diktatorischer Herrscher lag, und keinesfalls einer modernen Demokratie würdig. Der 19.09.2012 wird als Schwarzer Tag in die Geschichte des Parlaments eingehen, weil sich erstmals ganz offen zeigte, dass wirksame Kontrolle der Repräsentanten dieses Staates unter heutiger Rechtslage ausgeschlossen ist. Das sollten wir uns nicht gefallen lassen!

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