Sonntag, 16. September 2012

Sommergespräche ...

...statt parlamentarischer Kontrolle

Gibt es Zufälle? Wie es scheint, nicht. Erst kürzlich schreibe ich, dass ein gewisser Herr Josef Cap als Jungparlamentarier durch einen "rebellenhaften Auftritt" bei einem Bundesparteitag seiner Partei so viel öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, dass er sich die Voraussetzung dafür schuf durch einen Vorzugsstimmenwahlkampf ins Parlament zu gelangen. Dort sitzt er nun mehr als 30 Jahre auf einem hoch dotierten, aber geruhsamen Ausgedinge, namentlich als Nationalratsmandat bezeichnet, derweil viele andere seiner Parteigenossen in der rauen Wirtschaftswirklichkeit mühsam um eine halbwegs angemessene Existenz kämpfen müssen.

Damals erlaubte ich mir die Bemerkung zu Cap: „Seither sitzt er im Parlament, weitere herausragende Leistungen sind von ihm nicht bekannt.“ Wie Unrecht ich hatte, denn umgehend folgt der große Knaller, nur jedoch in die entgegengesetzte Richtung als erwartet. Nicht mehr seine rebellische Art wurde sichtbar, sondern das angepasste Sitzfleisch eines lang gedienten Parteisoldaten zeigte er seinem treuen Wahlvolk.

Dass Josef Cap, ehemals jeden Schilling und jetzt jeden Euro seines Einkommens als Parlamentarier zu Unrecht verdiente und weiterhin bis an sein Lebensende verdienen wird, hat er mit diesem Knaller bewiesen. Sein öffentliches Statement, der Parteiobmann Werner Faymann bräuchte nicht mehr vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen, da er ohnehin im Zuge eines ORF-Interviews im Rahmen der "Sommergespräche" seine Sicht zur Inseratenaffäre, die seine Ministertätigkeit überschattet, einer breiten Öffentlichkeit dargestellt hat, zeigt wohl sehr klar, was er von Parlament dem er so viele Jahre angehört, hält. Nämlich nichts. Und vor allem hält er nichts von Kontrolle wenn diese seine Partei oder ihren Funktionärsstab trifft. Und das ist ein Trauerspiel. Nicht nur für ihn selbst, sondern auch für die SPÖ und für die Demokratie insgesamt.

Besonders verwerflich ist jedoch die Tatsache, dass man die Vorsitzführung von Gabriele Moser (Grüne), die diesen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss bisher vorbildlich und unaufgeregt führte, im Zusammenwirken mit dem schwarzen Hardliner Karl-Heinz Kopf, auf unerhörter Weise kritisiert und diese Kritik – ob sie nun zu Recht besteht oder nicht sei dahin gestellt – zum Anlass nimmt, überhaupt gleich den gesamten Untersuchungsausschuss völlig abdrehen zu wollen. Die Verweigerung der parlamentarischen Kontrolle unter diesem Vorwand muss für jeden halbwegs demokratisch denkenden Bürger ein Schlag ins Gesicht sein. Dass das Bestreben den Ausschuss so rasch als möglich zu killen, von vier Parlamentsparteien und damit der überwiegenden parlamentarischen Mehrheit, die allesamt in unlautere Machenschaften verwickelt sind, getragen werden, runden dieses fatale Bild nur noch ab. Mit der Beendigung des Untersuchungsausschusses bleiben viele untersuchungswürdige Causen auf Dauer unaufgeklärt. Für mich stellt sich nun die Frage: Dürfen die Bürger aufgrund dieses Sachverhalts mehrheitlich ihre Volksvertreter als Lumpen, Lügner, Betrüger und Korruptionisten bezeichnen und gilt für alle weiterhin bis in alle Ewigkeit die Unschuldsvermutung, weil alles vertuscht statt aufgeklärt wurde? Oder, gibt es tatsächlich noch Politiker, die sich ersthaft von diesen "Schwarzen Schafen" abgrenzen wollen und für Sauberkeit in ihrem Berufsstand eintreten? Am Status quo ist jedoch sichtbar, die politischen Verhältnisse sind auf Bundesebene nicht anders, als wir sie derzeit, auf einer etwas kleineren Bühne in Kärnten, erleben.

Also verzichten wir Bürger in Hinkunft überhaupt auf die Kontrolle unserer Volksvertreter und übertragen diese einem ORF Sendeformat namens „Sommergespräche“. Nachdem der gefürchtete Redakteur Armin Wolf, der für seine hartnäckige Fragetechnik bekannt ist, bereits angekündigt hat in naher Zukunft für dieses Format nicht mehr zur Verfügung zu stehen, haben die Volksvertreter auch diesbezüglich nichts mehr zu befürchten. Es werden also harmlose Sommergespräche über Sommerlöcher, in die man dann" unaufgeklärt" die Korruptionsvorwürfe schütten kann.

Nur sollten wir uns Bürger in Zukunft und unter solchen Voraussetzungen um eine etwas andere Volksvertretung, sprich, um eine "neue Repräsentative Demokratie", umsehen.

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Sommergespräche ...
...statt parlamentarischer Kontrolle Gibt es Zufälle?...
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Zuletzt aktualisiert: 21. Jul, 08:16

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